Oma Bertinger
Viele lebendige Kindheitserinnerungen sind an sie und ihren üppigen Garten in Passau am Mariahilfberg wach geblieben. Riesige Wiesenhänge mit einem blendenden Gelb voller blühender Schlüsselblumen, mit denen wir Kinder eimerweise „Tee“ ansetzten. Oder der alte knorrige Pfirsichbaum, wo wir Kinder versucht haben, beim Schaukeln so hoch zu schwingen, dass wir an die leckeren, reifen Früchte herankamen, ohne dass wir von Oma oder Tante Anni zurechtgewiesen wurden.
An traumhaft schmeckende Säfte frisch aus den gerade geernteten Johannisbeeren gepresst, an duftendes Holunderkompott mit Zwetschgen und selbstgemachten Dampfnudeln. Ich habe nie wieder eine so köstliche Süßspeise gegessen. Reife, zuckersüße Gelbe Rüben, frisch aus dem Beet gezogen und ein herrliches Butterbrot mit fein geschnittenem Schnittlauch.
Ich erinnere mich an große Beete und bunte Sträuße voller Zinnien und Dahlien. Es herrschten paradisische Zustände im Meer der Blumen. Daher stammt sicher meine große Liebe für diese bunten anspruchslosen Sommerblüher.
Ingrid, unsere Gartenfreundin
Sie ist unser Motivator und erdet uns auch manches Mal in unserem Überschwang: „vergesst die Muße nicht“ kommentiert sie, wenn wir drauf losplätschern, was wir an einem Tag geschafft haben, Vorgenommenes nicht erledigen konnten oder auch mal richtig geschafft sind. Wir teilen das selbe Gefühl im Garten und für den Garten. Alle Samen und Ableger, die Ingrid aus fernen Ländern oder aus Nachbars Garten mit zum Teil erheblichem Aufwand mit nach Hause schleppt, keimen oder wachsen bei ihr an. Was bei uns nicht anwachsen will, bei Ingrid klappt das 100-prozentig!
Wir stellen immer wieder fest, dass wir uns wunderbar ergänzen. Wir planen und gestalten, sie vermehrt, züchtet und päppelt auf. Und natürlich sind wir um jeden Ableger dankbar, den wir von ihr erhalten. Der kunterbunte Garten von ihr und ihrem Mann Roland in Leverkusen inspiriert uns bei jedem Besuch immer ganz besonders. Bei Ingrid und Roland wachsen außergewöhnliche Gewächse. Zum Beispiel die Kaffeepflanze. Aus einem Samen, den die beiden von einer Reise nach Guatemala, wo wir uns kennenlernten, mitgebracht haben. Die Kaffeepflanze wächst im Wintergarten im ersten Stock des Hauses – deswegen also eine Hochland-Sorte-, bringt jedes Jahr reichlich Ertrag und wird mit Genuss selbst geröstet und getrunken.
Kürbisse werden eingelegt, Sirup und Schnäpse angesetzt und Blumen aus dem Friedhofsabfall gerettet. Ingrids blaue Kuschel-Jacke ist ihr „Gartenwahrzeichen“ Sie wird sie bestimmt nie hergeben!
Sir Christopher Lloyd
- verstorben am 27.01.2006 -
Bei einer unserer vielen Gartenreisen nach England haben wir uns in den Garten von Christopher Lloyd, Great Dixter in East Sussex, verliebt.
Das Anwesen geht bis in das 16 Jahrhundert zurück. Sir Christopher hat den Garten 1972 von seinen Eltern übernommen und in seinem unvergleichlichen Stil gestaltet. Gewagte, überbordende Blütenfarben und -formen und verschiedene Blattstrukturen schwappen üppig pointiert durch die abwechslungsreichen Gartenräume und werden optisch gekonnt durch formale Eingrenzungen bewusst betont. In prallen Gemüsebeeten schlängeln sich Heerscharen von Sommerblumen, die sich selbst ausgesät haben, plakativ durch die in Reihen gesetzten Nutzpflanzen. Hunderte von Töpfen und Kübeln flankieren den Wohnhauseingang und berauschende Wildblumenwiesen laden zum Lustwandeln ein! Der kauzige ältere Herr sprach von sich selbst von einem „Einsamen Wolf“ in Englands Gartenlandschaft. Er sprach, schrieb und gärtnerte auf eine Weise, die Reaktion hervorrief.
Fergus Garrett, sein ehemaliger Obergärtner und vertrauter Freund, der jetzt die Stiftung „Friends of Great Dixter“ leitet, schreibt im „The Garden“, dass der Garten voller Freude, Eigenheiten und individuellen Dingen, dynamisch und überschäumend, voller „joie de vivre“ und Leidenschaft ist und so im Sinne von Sir Christopher weitergeführt wird.
In einer seiner Veröffentlichungen antwortete er auf die Frage, warum es in seinem Garten keine Beschilderung gibt, unter anderem so:
- Ich hasse Schilder, es sieht aus wie am Friedhof.
- Man braucht Schilder, die man in die Erde stecken kann. Besucher nehmen sie heraus, um sie besser lesen zu können und stecken sie an einer falschen Stelle wieder ein.
- Es ist für Besucher einfacher, ein Schild in die Handtasche zu stecken, als den Namen der Pflanze vor Ort auswendig zu lernen.
- Besucher treten in die Beete, um die Schilder besser lesen zu können und denken nicht an die Fußstapfen, die sie hinterlassen.
- Auch wenn Pflanzen klar beschildert sind, fragen Besucher nach ihren Namen, sobald sich jemand in der Nähe befindet, mit dem man sich unterhalten kann. Sie machen einen Ausflug. Wir versuchen zu arbeiten. Entschuldigung!
… so haben wir ihn kennen- und schätzen gelernt!